📖 Rezension zu: „Die Weimarer Republik“ von Uwe Klußmann (Hrsg.) und Joachim Mohr (Hrsg.)

Weist ein paar Schwächen auf

In diesem Werk widmen sich SPIEGEL-Autoren und Historiker verschiedenen Facetten der Weimarer Republik, die einen möglichst umfassenden Eindruck der Weimarer Republik vermitteln sollen. So werden viele kleinere Themengebiete den Kapiteln zugeordnet. Aufgrund einer kurzen Kapitel- und Unterkapitelbeschreibung zu Beginn des Werkes, erhält man bereits vorm Lesen eine erstaunlich genaue Vorstellung von dem, was einen bei der Lektüre erwartet. Auf mich wirkte es zudem so, als solle die Möglichkeit geboten werden, das Buch nicht von vorne bis hinten durchzulesen, sondern die für einen persönlich interessantern Texte auszuwählen.
Die einzelnen Artikel sind sehr kurz und verständlich verfasst, sodass das Lesen keine Mühe bereitet.
Mir persönlich fehlte jedoch die wissenschaftliche Unterfütterung, sodass bei mir der Eindruck entstand, die Zielgruppe sei eine andere. Und tatsächlich verstärkte sich dieser Eindruck im Verlauf der Lektüre: Es scheint, als sei das Buch für Schülerinnen und Schüler konzipiert, die sich etwas mehr leicht zugängliche Informationen über die Weimarer Republik wünschen als im Unterricht geboten oder ein Referat planen und nach thematischer Inspiration suchen.
Ein Manko ist jedoch unabstreitbar das Fehlen von Quellen und der damit einhergehende Mangel an Belegen, was auch aufgrund der Tatsache, das derartige Angaben wesentlich mehr weiterführende Literatur aufzeigen würden als es so zum Schluss des Buches geschieht, schade ist.

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📖 Rezension zu: „1968. Drei Generationen – eine Geschichte“ von Claus Koch

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Mir hätte es gefallen, wenn der Autor sich etwas zurückgenommen hätte…

In diesem Buch behandelt Claus Koch den Mythos 68 und dessen Folgen und versucht, das Erbe der 68er begreifbar zu machen. Auch stellt er Vergleiche zwischen dem politischen Projekt des Aufbegehrens damals und der Bereitschaft der aktuellen Jugend, aktiv zu werden, an.

Was mir an diesem Werk sehr gefallen hat, ist, dass Koch viel aus den Werken Maos, Marx‘ und anderen zitiert, da ich auf diese Weise viele Ausdrücke aus meinem normalen Wortschatz wiederentdecken und konkret einordnen konnte. Auch habe ich auf diese Weise Anregungen noch zu lesender Bücher erhalten. Viele Werke zum Thema 1968 bedienen sich zwar ganz selbstverständlich solcher Begrifflichkeiten, erklären diese jedoch nicht so genau wie es in diesem Buch geschehen ist.
Was mir allerdings sehr negativ aufgefallen ist, ist die Selbstdarstellung des Autors: Er war einer der ersten, hat aber verstanden, dass der Kommunismus nicht so zielführend ist, wie von der Bewegung angenommen, während andere für solche Erkenntnisse zu verblendet waren; und die Bewegung, wie er sie mitbegründet hat, wurde nachher von anderen kopiert – jedoch ohne die Ausmaßen des Originals jemals zu erreichen. Auf mich wirkte das sehr selbstgefällig und überflüssig. Darüber hinaus wurde ich den Eindruck, immer wieder Verbitterung zwischen den Zeilen erkennen zu können, jedoch ohne zu verstehen, auf was sie letztendlich bezogen ist – immerhin scheint sie bei unterschiedlichen (und konträren) Aspekten durch – nicht los. Andere Passagen hingegen wirkten geradezu verträumt-schwärmerisch…

Alles in allem hält dieses Werk viele Informationen bereit und zeigt die Anfänge und Beweggründe der 68-Bewegung gekonnt auf. Die Idee, diese Bewegung aus der Perspektive verschiedener Generationen zu betrachten, gefällt mir äußerst gut, allerdings lässt mich der Autor mit seinen Werturteilen zwiegespalten zurück. Ich vergebe daher 3 Sterne.

3-Sterne

📖 Rezension zu: „Trick 17 – Küche“ von Kai Daniel Du und Benjamin Behnke

Hatte mehr erwartet…

In diesem Werk finden sich 222 von Kai Daniel Du und Benjamin Behnke zusammengetragene sowie ausprobierte Lifehacks, die den Alltag in der Küche erleichtern sollen. Ob beim Abwasch, beim Kochen, beim Backen oder beim Aufräumen – mit den richtigen Kniffen soll einem einiges an Arbeit erspart bleiben. Spätestens nach dem Klappentext war ich ganz neugierig, welche Alltagsdinge sich auf welche Art und Weise zweckentfremden lassen, um sich das Leben leichter zu machen.

Man findet hier:
„38 x Vorbereiten & Zubereiten
33 x Ausprobieren & Genießen
29 x Servieren & Garnieren
23 x Snacks & Mahlzeiten
26 x Outdoor & Barbecue
25 x Partys & Feiern
24 x Aufbewahren & Frischhalten
24 x Aufräumen & Reinigen“
Äußert ansprechend ist, dass diese Kapitel farblich sortiert sind, sodass man wie bei einem Wörterbuch spielend leicht sofort die richtige Kategorie auszuwählen vermag. Auch die einzelnen Buchseiten sind sehr übersichtlich gestaltet: Viele Farbfotografien und kurze (Schritt-für-Schritt-) Anleitungen ermöglichen ein leichtes Verständnis und die Möglichkeit, in Windeseile den richtigen Lifehack auszuwählen und auszuprobieren.
Die Kapitel beginnen stets mit einem kurzen Tipp beziehungsweise Ratschlag, der für den folgenden Abschnitt typisch ist. Beendet werden die Kapitel dann mit ein paar linierten Seiten, auf denen man eigene Notizen festhalten kann. So entwickelt sich das Lifehack-Buch stets weiter.
Die Lifehacks an sich sind zum Teil sehr witzig und überraschend, zum Teil aber auch schon längst bekannt und nichts Überraschendes. Bei dem ein oder anderen Tipp bezweifle ich zudem, dass sie tatsächlich eine Erleichterung darstellen – beispielsweise bin ich der festen Überzeugung, einen Apfel schneller und ordentlicher schälen zu können als wie bei Tipp 41 vorgestelllt auf einen Akkuschrauber gespießt… An Empfehlungen wie diesen merkt man deutlich, dass das Autorenduo bemüht war, möglichst viele skurrile Tipps für Anfänger wie auch Fortgeschrittene Improvisierliebhaber bereitzustellen.
Dennoch war ich überrascht, dass ich einen Großteil bereits von meiner Mutter kenne und diese sie auch nicht neu erfunden hatte…
Alles in allem denke ich, dass man viele schöne Anregungen in diesem Buch findet, auch wenn ein paar keine wirklichen Erleichterungen, aber sicherlich nicht unamüsante Spielerein darstellen. Leider sind viele der gelisteten Geheimtipps tatsächlich keine – sind sie doch längst gang und gäbe.
Ich vergebe 3,5 Sterne
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📖 Rezension zu: „So komm ich gut an – Leichter leben“ von Bernd Görner

Nicht das Beste der Reihe

Wenn man Leute danach befragt was ihrer Meinung nach wichtig ist, um schnell beruflich wie auch privat gut anzukommen, so lautet die Antwort meist „eine souveräne und sympatische Ausstrahlung“. Um besser Kontakte knüpfen zu können, wäre es also von Vorteil eben jene Persönlichkeitsmerkmale zu erlenen – in „So komm ich gut an“ soll dem Leser genau dies ermöglicht werden. Daher umfasst dieses Buch sowohl Übungen, Frageseiten zum Ausfüllen als auch Fallbeispiele und Praxistipps.
Bernd Görner, ehemaliger Theaterregisseur und Journalist, hat bereits beinahe 20 Jahre Erfahrung als Trainer und Coach. In diesem Werk bezieht er sich häufig auf seinen Freund Martin, der in der Weihnachtszeit mit seinem Maronenstand und seiner offenen und ehrlichen Art zu überzeugen vermag.

Mir waren diese Martinbezüge manchmal etwas zu viel, denn ich hatte schon schnell verstanden, dass in uns allen ein Martin steckt, den wir bloß noch zu wecken brauchen… Viele Übungen und Denkanstöße sind meiner Auffassung nach nicht zu unterschätzen, allerdings gab es auf der ein- oder anderen Seite auch Geheimtipps, die keine waren. Beispielsweise dürfte es selbstverständlich sein, dass ich mich anderen gegenüber aufrichtig und offen verhalten muss um Offenheit und Ehrlichkeit bei meinem Gegenüber erwarten zu können…

Mein Fazit ist daher, dass dieses Werk einige wertvolle Hilfestellungen und „Anstupser“ umfasst, jedoch demjenigen, der sich bereits etwas mit der Thematik auseinandergesetzt hat, auch einige bereits bekannte Aspekte offenbart.

Ich vergebe 3,5 Sterne

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📖 Rezension zu: „Die Autobiographie“ von Agatha Christie

9783455000528

Ganz famos!

„Eigentlich sollte ich einen Krimi schreiben, doch der natürliche Drang des Schriftstellers, alles zu Papier zu bringen, nicht nur das, was er sollte, erweckt ganz unerwartet in mir das Verlangen, meine Autobiografie zu schreiben. Dieses Verlangen, so wurde mir versichert, überkommt früher oder später jeden. Jetzt hat es plötzlich mich überkommen.“ (S.13)
Zu Lebzeiten war die Queen of Crime immer sehr öffentlichkeitsscheu, weswegen man über die Presse wenig über ihr Privatleben erfahren konnte. Erst ein Jahr nach ihrem Tod, wurde ihre Autobiografie veröffentlicht und zeigt sehr detailliert und wunderbar ansprechend geschrieben ein ganzes Leben auf. Man begleitet Agatha Christie auf Streifzügen durch ihre Kindheit, erfährt vieles über ihre Jugend und ihr Erwachsenenalter – auch wenn ihr rätselhaftes Verschwinden nicht thematisiert wird.
Stück für Stück konnte ich mir ein besseres Bild von der berühmten Kriminalautorin machen und war sehr angetan von der Möglichkeit, ihre Entwicklung miterleben zu dürfen. Man ist hautnah dabei wenn sie größer wird und die Puppenhäuser echten Immobilien weichen.
„Ich sehe jetzt ganz klar, dass ich noch immer nicht aufgehört habe, mit Häusern zu spielen. Ich habe unzählige Häuser besucht, gekauft, getauscht, eingerichtet, ausgestattet und baulich verändern lassen. Häuser! Gott segne die Häuser!“ (S.73)

Auffällig ist, dass die Erzählung immer wieder in Zeit, Ort und Thema springt, was daran liegt, dass die Autorin gerade einen geeigneten Punkt erreicht hat, um eine Brücke zu schlagen. Da Agatha Christie ihre Autobiografie gesprochen und über Tonaufnahmen (leider nur größtenteils dauerhaft) festgehalten hat, liest sich ihr Buch so, als würde sie vor einem lodernden Kamin sitzen und aus ihrem Leben erzählen.
Ich habe mich daher bei der Lektüre sehr wohl gefühlt und empfand eine sehr angenehme, vertraute Atmosphäre beim Lesen. Die Autorin wirkt so authentisch und offen und erzählt von derart vielen Erlebnissen, dass es mich schwer beeindruckte.
„Der Gedanke mutet seltsam an, aber wir erkennen erst dann, dass wir einen Menschen wirklich lieben, wenn er lächerlich aussieht.“ (S.74)
Immer wieder lässt die Schöpferin von Poirot und Miss Marple kleine Erkenntnisse, vielleicht sogar Lebensphilosophien und -weisheiten, einfließen, was erneut sehr viel Vertrautheit spüren lässt. Außerdem konnte ich über viele Aussagen eine ganze Weile nachdenken und war beeindruckt, sie von jemandem mit einem derart bewegten Leben hören – beziehungsweise lesen – zu dürfen.
Was mich darüber hinaus stark fasziniert hat , war, dass man zahlreiche Parallelen zwischen den unglaublich vielen Reisen der Queen of Crime und den Handlungsorten ihrer Kriminalromane entdecken konnte. Überhaupt hat mich beeindruckt, wie viel Agatha Christie von der Welt gesehen hat.
„“Es liegt mir nicht, Informationen aus der Hand zu geben.“ (…) Wenn sie mir nicht relevant oder interessant erschienen, steckte ich alle Informationsschnitzel weg, die mir zugetragen wurden, heftete sie sozusagen in einen Ordner in meinem kopf ein – für die übrigen Mitglieder meiner Familie, die allesamt extravertierte Plaudertaschen waren, eine unverständliche Gepflogenheit.“ (S.125)
„Zweifellos war ich ein langweiliges Kind mit den besten Aussichten, die Sorte von Mensch zu werden, die sich besonders schwer in eine Gesellschaft einbeziehen lässt.“ (S.125)
Das Buch zeigt den Menschen hinter dem Mythos. Äußerst interessant war für mich zu lesen, welche ihrer Werke der Queen of Crime mehr, und welche weniger, zusagten – denn diese Einschätzungen gehen mit der weitläufigen Lesermeinung nicht unbedingt einher.
Selbstverständlich gibt es auf den 640 Seiten eine ganz schöne Menge an Informationen, weswegen ich mir die Lektüre offen gestanden etwas einteilen musste. Hätte ich versucht, die Autobiografie mehr oder weniger an einem Stück zu lesen, so hätte ich die Anekdoten nicht ausreichend zu schätzen gewusst oder gar nicht erst richtig wahrgenommen. Wohl dosiert und in mal kleineren, mal größeren Häppchen ist dieses Werk jedoch wahrlich ein Genuss.

Ich bin sehr froh, dieses mächtige, spannende, faszinierende und beeindruckende Werk gelesen zu haben und kann es jedem Leser Agatha Christies Kriminalromane nur wärmstens ans Herz legen. Man erfährt äußerst viel zu ihrem Leben und Wirken, den gesellschaftlichen und zeitlichen Umständen sowie zu ihren Einstellungen und Erkenntnissen.

Von mir gibt es wohl verdiente 5 Sterne

5-Sterne

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📖 Rezension zu: „Denunziation“ von Bandi

Denunziation

Ein sehr wichtiges Thema, wenn auch erzählerisch nicht perfekt umgesetzt…

Mit „Denunziation“ von Bandi, zu Deutsch „Glühwürmchen“, liegt zum ersten Mal ein Werk aus dem totalitären System Nordkoreas vor. In den Erzählungen „Die Stadt der Gespenster“, „Irya Madya, Schatzpferd!“, „Die Flucht“, „So nah und doch so fern“, „Pandämonium“, „Die Bühne“ sowie „Der rote Pilz“ begibt man sich auf eine wachrüttelnde Reise in eine so fremde und doch so erschreckend reale Welt. Und auch wenn die 2013 aus dem Land geschmuggelten Texte in der Zeit zwischen 1989 und 1995 entstanden sind, verdeutlichen sie ganz nahegehend, wie das Leben noch heute unter den Kims aussieht.
Besonders zu schockieren vermochten mich einzelne Aussagen, die genau auf den Punkt bringen, was in diesem verachtenden und zu verachtenden System alles alamierend falsch läuft.
„Das bedeutet, dass die Familie laut Beschluss des Zentralkomitees unter Berufung auf den Paragrafen 149 deportiert worden ist. Alle Familienmitglieder werden damit von der Partei als Aufrührer und Verräter eingestuft, weswegen es auch alle nachfolgenden Generationen verdienen, verfolgt zu werden.“ (S.85)
Das Regime ist erbarmungslos, wenn es in leichtester Form angetastet wird. Die Folgen sind verheerend…
„Aber er konnte sich nicht gehen lassen, vor allem, da offen gezeigte Tränen als Auflehnung gewertet wurden und darauf die Todesstrafe stand. So war die Welt, in der er lebte. Ein Vol wurde per Gesetz dazu verpflichtet, ungeachtet allen Leidens zu lachen und jegliche Verbitterung hinunterzuschlucken.“ (S.99)
Die Geschichten handeln nicht wirklich von Helden, denn statt sich Auflehnenden werden eher ganz normale Bürge in einem alles andere als normalen System gezeigt.
„“Von klein auf dressiert. Warum sonst bist du so zahm und folgsam wie ein Schaf?“ (…) „Du könntest doch auch nicht in diesem System leben, wenn du nicht darauf gedrillt wärst?““ (S.103)
Leider sind die Geschichten sprachlich weniger brillant ausformuliert, weswegen man sich weniger auf gut erzählte als auf schockierende Erzählungen einstellen sollte. Es sind die Themen, die berühren, nicht die Worte oder Charaktere. Mir persönlich fiel es schwer, den Figuren ein Stück weit nahe zu kommen, da sie mir hierfür zu fremd waren.
„Zu diesem Staatsereignis Nummer 1, anlässlich dessen von der Bevölkerung absoluter Gehorsam verlangt wurde, würde Kim Il-Sung die Eisenbahn benutzen, was sie sakrosankt machte. Niemand durfte auch nur in die Nähe der Schienen, geschweige denn sich über diese Regelung oder über etwas anderes beschweren, selbst wenn es um die Freilassung eines Mörders ginge.“ (S.124)

Alles in allem ein empfehlenswertes Buch, aber nicht aufgrund grandioser erzählerischer Leistungen, sondern vielmehr um dem uns auf derart vielen Ebenen so fernen Nordkorea einen ungefährlichen Besuch abzustatten und zu erfahren, was in dem Regime an der Tagesordnung steht.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen

4-Sterne

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📖 Rezension zu: „Wer nicht schreibt, bleibt dumm“ von Maria-Anna Schulze Brüning und Stephan Clauss

Wer nicht schreibt, bleibt dumm

Für mein Empfinden eine Pflichtlektüre, die schon längst überfällig ist!

Das muss man sich erst einmal vor Augen führen: „Jedes sechste Kind kann nicht richtig schreiben“. Ein mir unvorstellbar hoher Anteil der Schüler leidet unter diesem Problem, das nicht nur ein „ästhetisches Manko“ (S. 50) ist. Schließlich sichert das Schreiben als Kulturtechnik schon so lange die Weitergabe und das Vermitteltbekommen von Wissen. daher bedeutet eine mangelnde Schriftkompetenz ein fehlendes Fundament des Lernens – für die betroffenen Schüler ist es in soweit eine Katastrophe, als dass Hausaufgaben und Mitschriften zur Belastung werden.
Tatsächlich sollte, so die Autorin, Handschrift als Werkzeug dienen und darf deswegen keine Umstände machen, sondern sollte nebenbei geschehen, damit man sich auf den Inhalt konzentrieren kann. Wird dieses Werkzeug jedoch nicht hinreichend beherrscht, kann diese mangelhaft ausgebildete Fähigkeit im Zweifelsfall „aus einem normal begabten Schüler einen Schulversager machen“. (S.50)
Erstaunlicherweise sind alle sozialen Schichten und Lernniveaus betroffen, weswegen sich diese erschreckende Tendenz auch an allen Schulformen – zum Beispiel ebenfalls an Gymnasien – gleichermaßen erkennen lässt.
So sucht die Autorin unter Anderem nach den tieferen Ursachen, welche beispielsweise in einer Neubewertung der Bedeutung dieser Kulturtechnik liegen, da in Zeiten der Medien die Notwendigkeit der Handschrift in Frage gestellt wird. Somit wird ihr ein neuer Stellenwert im bildungspolitischen Gesamtkonzept zuteil – mit verheerenden Folgen, wie man merkt.
Zudem ist ein Problem, welches aus dem gerade Genannten ergibt, dass die Kinder sich die Handschrift größtenteils – ebenso wie die korrekte Rechtschreibung mehr oder weniger eigenständig aneignen sollen. Dies kann nur zu Misständen anstelle von der vielfach angepriesenen Selbstständigkeit führen, da die Kinder bei diesem komplexen Gebilde unterstützt und angeleitet sowie Fehler korrigiert werden müssen.
Somit liegt das Problem also definitiv nicht in einem motorischen Unvermögen und könnte so leicht umgangen werden…
In Grundschulen wird häufig lediglich die Druckschrift gelehrt – schließlich haben viele Schüler Schwierigkeiten mit der verbundenen Schreibschrift gehabt. Anstatt an der Wissensvermittlung zu arbeiten und den Schreibunterricht zu verbessern – und aus Erfahrung als Lehrerin weiß Maria-Anna Schulze Brüning, dass bis auf wenige Ausnahmen jeder Schüler, möge seine Schrift noch so unleserlich sein, gerne Schreibunterricht erhält – vereinfacht man alles. Nur ist diese Vereinfachung keine Entlastung, sondern bloß ein Ver- und Aufschieben des Problems. Im Grundschulalter sollte der Grundstein für eine adäquate Handschrift gelegt werden, da mit fortschreitendem Alter und damit verbundener Übung der angeeigneten Handschrift, die Abläufe beim Schreiben automatisiert wurden und daher immer schwieriger zu korrigieren sind.
Da die Kinder mit dem Erlernen der Handschrift meist auf sich allein gestellt sind, malen sie Buchstaben häufig anstatt sie zu schreiben. So ähnelt ein a nun einmal einem Kreis mit einem Strich und wird genauso zu Papier gebracht. Tatsächlich sieht ein solches a nicht nur anders aus, sondern ist im Schreibfluss noch dazu viel hemmender als die über lange Zeit optimierte und weitergegebene Art, es zu schreiben.
Aufgrund der Tatsache, dass dieses Problem nicht erst seit Kurzem besteht, befinden sich mittlerweile bereits Lehrer an den Schulen, die selbst kaum noch per Hand schreiben. So kann der Teufelskreis immer weiter angeheitzt werden.
Eine weitere Schwierigkeit ist die Vielzahl verschiedener Schriftarten, welche erlernt werden können. Die Entscheidung, welche man den Schülern vermittelt, wenn man sich als Grundschule überhaupt dazu entscheidet Schreibschrift zu lehren, ist enorm und verwirrend.
Und so entlarvt das Autorenpaar immer mehr Problempunkte bei denen man ansetzen könnte und dringend müsste. Nur über Schrift, so lässt ein Blick in die Geschichte zu Beginn des Buches erkennen, ermöglicht kognitiven Fortschritt und eine Weitergabe von Kultur und Wissen.

Die Autoren behandeln eine Vielzahl von Themengebieten und Schulze Brüning lässt zahlreiche zum Teil selbst durchgeführte Erhebungen mit einfließen sowie einiges an Fachliteratur – über die Bedeutung, Entstehung sowie Entwicklung der Schrift, vom Recht- und Schlechtschreiben über häufige Fehler beim Schreiben (bestimmter Buchstaben) bis hin zu Ansätzen um die Handschrift angemessen zu vermitteln. Des Weiteren werden Bereiche wie die Entwicklungspsychologie ebenfalls ins Blickfeld gerückt.
Sehr gut ist meines Erachtens auch das Kapitel „Wie können Lehrer und Eltern Kinder beim Verbessern der Handschrift unterstützen?“, da es konkrete Handlungsmöglichkeiten bietet und damit schon längst überfällig ist.
Darüber hinaus wird eine Schülerbefragung zum Ende des Buches dargelegt: Wie wichtig ist die Handschrift? Welche Bedeutung hat sie? Sollte man sie überhaupt noch unterrichten? Äußerst spannend ist, dass lediglich etwa 30% der Befragten pädagogische Gründe für den großen Stellenwert der Handschrift anführten – die restlichen Begründungen sind äußerst vielseiteig. Einen sehr schönen Aspekt, finde ich, stellt die Begründung dar, die Handschrift zähle zu der, bilde und zeige die Persönlichkeit.

Aus meiner Grundschulzeit kenne ich selbst das Schreiben mit der Anlauttabelle. Unsere Lehrerin vertrat – wie offenbar erschreckend viele Lehrer auch – die Auffassung, die Schüler könnten sich die Rechtschreibung problemlos, schnell und sehr effizient selbst beibringen. Nur korrigieren dürfe man die von den Kindern selbst ausgewählte richtige Schreibweise nicht, da dies dem Prozess des Erlernens der Handschrift nicht nur nicht förderlich sei, sondern ihm sogar noch schade.
Zum Glück haben meine Eltern von dem „Lesen durch Schreiben“ nicht sonderlich viel gehalten und mich bei der Rechtschreibung angeleitet anstatt mich, wie andere Eltern aus der Klasse, mit Hinlfestellungen wie „E wie Esel“ der Anlauttabelle alleine zu lassen. Meiner Handschrift- und Rechtschreibentwicklung hat dies sicherlich nicht geschadet; wenn ich mir jedoch vor Augen führe, dass jeder sechste Schüler nicht richtig schreiben kann und daran denke, welche Schwierigkeiten Mitschüler auch noch in der Oberstufe beim Schreiben hatten, gibt mir das zu denken…

Meiner Meinung nach ist „Wer nicht schreibt, bleibt dumm“ ein längst überfälliges Werk, welches hoffentlich viel gelesen wird und zahlreiche Menschen wachrüttelt – denn eines ist klar: So, wie es zur Zeit läuft, darf es nicht weitergehen.

Ich vergebe volle 5 Sterne für dieses Werk!

5-Sterne

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📖 Rezension zu: „Das ist unser Haus“ von Barbara Sichtermann und Kai Sichtermann

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Lässt mich schwer beeindruckt zurück!

„Einen Mieter schmeißt man raus, fünfzig nehmen sich ein Haus“

Seit den 1970er Jahren tobte in immer Städten der Häuserkampf. In diesem Buch wird der Fokus auf Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln, Freiburg, Tübingen, München, Monheim, Hannover und Göttingen gelegt, aber auch die DDR und Ostberlin sowie dem nahen Ausland in Form von Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich wird Beachtung geschenkt.
Nachdem die von den gegen die Pantoffelrepublik ihrer Eltern fröhlichen Widerstand leistenden Studenten geforderte Revolution ausblieb, Wohnungsnot und ein Leerstand, der „nicht aubleiben [konnte], wenn die Entmietungsstrategien der Spekulanten mit dem Planungswirrwarr der Bürokratien und unsicheren Finanzierungsaussichten zusammenstießen“(S.14) prägend für die Zeit waren, verfolgte eine ganze Generation, heterogen wie sie nur sein kann, das Ziel nach Autonomie – man wollte zusammen leben und arbeiten.
„Ihr habt eure Baupläne ohne uns gemacht“ (Wandparole in Berlin, S.260) Eigentum verpflichtet und das Grundrecht auf Wohnraum besteht, so heißt es, doch fand sukzessive eine fatale Gentrifizierung statt und Spekulanten ließen wertvollen Wohnraum verfallen. Doch ihrer zahlreichen Gegner und Widersacher zum Trotz wuchs die Hausbesetzerbewegung und gewann an an Einfluss. „Im Laufe des Jahres 1981 kam es in 153 Städten zu 595 Besetzungen durch 12900 Menschen.“ (S.298) Die Taten der Besetzerszene zogen immer größere Kreise und haben ihre Auswirkungen bis in die heutige Zeit. Beispielsweise wurden viele Zweckbauten, Fabrikanlagen und öffentliche Einrichtungen aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wie die Rote Flora von den Häuserkämpfern „vor der Abrissbirne bewahrt“ (S.16) – der Grundstein für den Denkmalschutz, wie wir ihn mittlerweile für selbstverständlich halten, wurde gesetzt.
„Das Private sollte als politisch verstanden werden und das Politische als Sache eines jeden.“ (S.15)
Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Beteiligten kam es zu einer großen Bandbreite von Vorstellungen und Zielsetzungen, auch die Frage nach Gewaltlegitimation kam auf. „Legal – illegal – scheißegal“ Und so entstanden verschiedene Strömungen in der Besetzerszene. Beim Engagement der Besetzter kam es dabei zu einer ständigen Spannung zwischen utopisch und praktisch, denn es gab stets viel zu organisieren oder bei Instandsetzungen zu reparieren und zu improsieren, dennoch brauchte es eine gemeinsame Utopie um Zusammenhalt zu gewähreisten. Besonders, wenn auch unpolitisch motivierte zu den Besetzern stießen oder Gegner und Widersacher gegen die Besetzerszene anzugehen versuchten. Dabei ließ sich, so überraschend dies auf den ersten Blick auch scheinen mag, ein gewisser Wertekonservativismus der Stadteroberer bezüglich Ausrufen wie „kämpfen und bleiben“ feststellen.
„Die Revolution ist großartig. Alles andere ist Quark. – Rosa Luxemburg“ (S.256)
Beeindruckenderweise haben sich einige der selbstverwalteten und autonomen, besetzten Häuser bis heute gehalten – auch wenn sie mittlerweile nicht mehr als besetzt bezeichnet werden – und gehen gemeinnützigen Zielen nach.

Gemeinsam mit seiner Schwester Barbara Sichtermann besucht Kai Sichtermann, Gründungsmitglied der legendären Band Ton Steine Scherben, zahlreiche Beteiligte, sodass Hausbesetzer selber die Geschichte des Häuserkampfes beschreiben und erklären können. So handelt es sich bei „Das ist unser Haus“ um ein Lese-, Bilder- und Geschichtsbuch mit bemerkenswertem inhaltlichen Umfang. Erzählt wird auf abwechslungsreiche, informative, äußerst spannende und sehr beeindruckende Weise von verschiedenen Entwicklungen, Projekten, Ereignissen, Perspektiven und Zusammenhängen.
Beeindruckend sind nicht nur die vielen verschiedenen Textformate und Bildquellen, die einen tiefen Blick in die damalige Zeitgeschichte gewähren, sondern auch die Verknüpfung verschiedener Erfahrungen mit Theorien, Forderungen, Einstellungen, Ansichten oder Beobachtungen von Soziologen, Anwälten oder anderen Fachleuten.
Aus verschiedenen Blickwinkeln werden die Erfahrungen der Hausbesetzer gekonnt mit dem Zeitgeist und geschichtlichen Geschehen in Verbindung gesetzt, sodass man Stück für Stück an Zeitverständnis gewinnen kann.
Erwähnenswert finde ich zudem, dass viele unterschiedliche Quellen verwendet werden – so zum Besipiel Fotografien, Zeitungsausschnitte, Liedtexte oder aus Angst vor Unruhen nicht ausgestrahlte Radiobeiträge. Für mich gab es in dem Buch so viel zu entdecken – und ich bin schwer beeindruckt davon, wie viel Material in dieses Werk eingeflossen ist. Das ermöglicht auch das Weiterlesen, Recherchieren und Einlesen in verschiedene Bereiche. Auf diese Weise bin ich auf Bücher, die ich unbedingt noch lesen muss, Soziologen, mit denen ich mich nun genauer befassen möchte, Filme, welche ich anzuschauen habe und Lieder, die ich zur Zeit rauf und runter höre, gestoßen. Darüber hinaus finden derart viele Gebäude, Initiativen und Organisationen Erwähnung, dass man sich mit diesen und den von ihnen vertretenen Wertevorstellungen über das Buch hinaus noch eingänglicher zu befassen vermag.
Dennoch ist, sofern einen solche weiterführenden Recherchen nicht reizen können, genug Erklärung gegeben als das man das Gelesene auch so verstünde.
Sehr ansprechend ist für mein Empfinden darüber hinaus, dass die Thematik so umfassend behandelt wird. Es bildet sich ein stimmiges Gesamtbild und man kann sehr gut in das Buch abtauchen.
Fasziniert haben mich die vielen verschiedenen Ansatzpunkte, erwähnte Fachliteratur und sehr wissenschaftliche Argumentationsweisen. So wird der Leser ebenfalls für die Gegenwart sensibilisiert – denn das „Recht auf Stadt – Henri Lefebvre“ (S. 294) ist heute noch immer ein Thema angesichts steigender Mietpreise und Ähnlichem. Des Weiteren gibt „Das ist unser Haus“ wertvolle Denkanstöße zur Verhältnismäßigkeit der Mittel und anderen Themengebieten.

Alles in allem bin ich von diesem 300 Seiten umfassenden Buch mehr als begeistert. Es ist äußerst abwechslunsreich, informativ, spannend, anschaulich, strukturiert, gut recherchiert und verknüpft, sodass es einen tiefen Einblick in die Geschichte der Hausbesetzung – die bis heute andauert – bietet. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung und volle 5 Sterne!

5-Sterne

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📖 Rezension zu: „Todschick“ von Gisela Burckhardt

Todschick

Erschütternd…

Von den schlechten Arbeitsbedingungen in Ländern wie Bangladesh dürfte mittlerweile jeder bereits gehört haben. Spätestens nach Rana Plaza waren die fatalen Bedingungen der Sweatshops schließlich in aller Munde – doch hat, wie von zahlreichen Unternehmen angekündigt, eine Verbesserung stattgefunden?
Noch immer neigen wir dazu, teureren Marken eher unser Vertrauen zu schenken und die schlechten Arbeitsbedingungen und mangelhaften Sicherheitsstandarts auf Billigproduzenten zu schieben. Doch ist dies leider auch heute noch ein unglaublicher Trugschluss.
Gisela Burckhardt hat viele Recherchen betrieben und zeigt nun in ihrem Buch auf erschreckende Weise, wie wenig sich trotz der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nach Rana Plaza getan hat. Dabei geht sie ungeschönt auf die zahlreichen Probleme ein, zeigt die Geschichte von Betroffenen und lässt sie zu Wort kommen, nennt Firmen beim Namen und erklärt, worauf man als Konsument achten kann.

„Pro Kopf kauft eine Deutsche jährlich rund 14 Kilogramm Kleidung (das sind z.B. 23 Jeans oder 140 T-Shirts) und entsorgt in den Altkleidermüll wiederum neun Kilogramm (das sind z.B. 15 Jeans oder 90 T-Shirts). So landen jedes Jahr 750.000 Tonnen Altkleider in den Sammelcontainern, was Einnahmen von 375 Mio. Euro bedeutet.“ (S.166) Für mich war beim Lesen nicht nur erschreckend, wie die Bedingungen in den produzierenden Ländern sind, sondern auch wie sorglos in Deutschland mit Kleidung umgegangen wird. Es ist schier unglaublich, wie viel Kleidung unter Verletzung der grundlegendsten Rechte und Gefährdung der Gesundheit produziert wird, nur um kurz darauf in die Mülltonne zu wandern.
Äußerst interessant waren für mich auch die abwechslungsreichen Darstellungen, welche beispielsweise die Preiszusammensetzung eines T-Shirts von H&M für 4,95€, bei dem der Lohnanteil lediglich 2,6% beträgt, verdeutlichen. (S.201) Ebenso tragen Fotografien oder Steckbriefe dazu bei, dass die Lektüre niemals langweilig wird. Darüber hinaus ist der Schreibstil sehr packend und keineswegs trocken oder ermüdend, obwohl zahlreiche Informationen genannt werden.
Meines Erachtens sind außerdem die Recherche-Ergebnisse zu verschiedenen Fabriken, den dort herrschenden Bedingungen und Standarts sowie den jeweiligen Einkäufern, in verschiedene Preissegmente gegliedert, höchst interessant. So erhält man einen guten Einblick und weiß mit Beteuerungen großer wie auch kleinerer Firmen, von solchen menschenverachtenden Praktiken bei der Textilproduktion nichts zu wissen, besser umzugehen. Erstaunlich ist, wie viele bekannte Firmen tatsächlich bei den diesem Buch zugrunde liegenden Recherchen auftauchen…
Ansprechenderweise nennt die Autorin am Ende „zentrale Stellschrauben, die für eine menschenwürdige Zukunft der Arbeiterinnen in den asiatischen Textilfabriken entscheidend sind“, sodass man als Leser abschließend einen Ausblick erhält, was sich wie ändern muss. (S. 208)
Darüber hinaus werden Alternativen und Weiterführendes wie Kleidertausch, Minimalisten, hilfreiche Internetadressen z.B. zu Öko-fairer Mode genannt. Zudem werden drei empfehlenswerte Label vorgestellt: Global Organic Textile Standarts (GOTS), Fairtrade International (FLO) sowie Fair Wear Foundation.
Für ein durchgehendes Verständnis beim Lesen sorgt außerdem Glossar, in dem Abkürzungen erklärt werden.

In meinen Augen handelt es sich bei „Todschick“ um ein sehr wichtiges Buch, dessen Thematik in der Öffentlichkeit viel präsenter sein sollte. Daher kann ich es auch jedem nahe legen, da sich nur etwas ändern kann, wenn man sich informiert hat und wachgerüttelt worden ist – und dass sich etwas ändern muss, dürfte offensichtlich sein. Ein Buch, bei dem man die Augen nicht mehr verschließen kann.

5 Sterne!

5-Sterne

📖 Rezension zu: „Über die Wahrnehmung von Kunst im Gehirn“ von Jan A. Fischer

Faszinierend, fesselnd und äußerst interessant!

Auf die Frage, wie wir Kunst wahrnehmen, kommen einem nur zu schnell die Sinnesorgane als Antwort in den Sinn. Über die Augen, die Nase, das Gehör, die Zunge oder den Tastsinn können wir schließlich Kunstobjekte im wahrsten Sinne des Wortes begreifen und erfassen. Allerdings ist das Rätsel damit noch längst nicht gelöst, denn die durch Rezeptoren empfangenen Informationen werden an das Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet.
Doch wie? Und weswegen sind wir für bestimmte Wahrnehmungen besonders empfindlich? In diesem Buch erklärt der Kunstsammler und Wissenschaftler Professor Jan A. Fischer wie das Gehirn auf ein Kunstwerk reagiert, welche Areale beim Betrachten einer Darstellung angesprochen werden und wie es zum sinnlichen Vergnügen kommt.
„Jan Fischers Buch behandelt den Stand der aktuellen Hirnforschung und zeigt auch die Grenzen der naturwissenschaftlichen Beurteilung ästhetischer Vorgänge auf.“
Beim Betrachten des Inhaltsverzeichnisses fällt direkt auf, wie umfassend dieses Werk ist. Nach einem Vorwort von Ulrike Erbslöh und einer Einführung folgen Erklärungen zu unserem Nervensystem, Untersuchungsmethoden und den Sinnesorganen. Erläutert werden auf diese Art, gegliedert in die Unterkapitel „Das Sehen“, „Gehör“, „Geruch“, „Geschmack und Bauchgefühl“, „Tastsinn“ sowie „Bewusste Wahrnehmung“, die verschiedenen Wege, welche das Erfassen und Begreifen eines Kunstwerkes ermöglichen.
Auf diesen Ausführungen aufbauend wird sich zahlreichen weiteren Aspekten gewidmet; von der Geometrie des Sehens über das Licht und die Farben, Raum und Perspektive, Bewegung, Gesichtserkennung, Wege zur Abstraktion, Skulpturen, Installationen und Architektur, Ton, Lärm und Musik, Geruch und Geschmack in der Kunst sowie Tasten und fühlen, Memorabilia bis hin zu Aktionskunst und Schönheit erhält der Leser ein Füllhorn an Informationen. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, ob Kunst analytisch vermessen werden kann, wobei hier auf verschiedene Unterthemen eingegangen wird.

Der Aufbau des Buches ist sehr gut, da man sich dank guter Erklärungen und Einführungen schnell in die komplexe Thematik einfinden kann. Ich war äußerst überrascht darüber, wie viele Informationen und Betrachtungsweisen auf 168 Seiten behandelt werden. Beeindruckend ist zudem, wie es dem Autor auch durch zahlreiche Abbildungen gelingt, die anspruchsvollen Ausführungen zu diesem komplexen Thema verständlich zu machen.
Mit diesem Werk begibt man sich auf eine spannende und faszinierende Reise durch die Kunstgeschichte und erhält bemerkenswerte Einblicke in die Verarbeitung unserer Sinneseindrücke.
Trotz – oder gerade wegen – passagenweise sehr detailreicher Erklärungen ließ meine Neugierde zu keiner Zeit nach, ganz im Gegenteil wurden die Vorgänge, welche Kunst in uns auslöst, für mich stetig spannender. Sicherlich Höhepunkte waren in meinen Augen die Unterkapitel zum Thema Ästhetik und Messbarkeit von Schönheit.

Alles in allem ist „Über die Wahrnehmung von Kunst im Gehirn“ ein ausgesprochen umfangreiches und informatives Werk von sehr gut gewähltem Aufbau und ausgezeichneter Gestaltung, welches trotz seiner Komplexität und dank der ausführlichen aber nicht ausschweifenden Erläuterungen verständlich ist. Bestimmt wird hier ein spezielles Thema behandelt, welches aber äußerst spannend ist und einen neuen sowie faszinierenden Blick auf Kunst gewährt, sodass ich die Lektüre dieses Werkes sehr empfehlen kann. Ich habe äußerst viel Neues gelernt und bin noch immer sehr beeindruckt.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen!

5-Sterne

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📖 Rezension zu: „Das Liebesleben der Pflanzen“ von Fleur Daugey

Das Liebesleben der Pflanzen

Von bezirzenden Blüten und lüsternen Insekten… 😉

Lange Zeit war die Jungfräulichkeit der Pflanzen unangefochten, wobei der Symbolgehalt der Pflanzen, insbesondere der Blumen, immer zwischen den Extremen der Sexualität schwankte – zwischen jungfräulicher Reinheit und der Wollust.
Heutzutage ist ihre sexuelle Fortpflanzung hingegen selbstverständlich.
In ihrem Buch „Das Liebesleben der Pflanzen“ befasst sich Fleur Daugey damit, wie sich Pflanzen vermehren, weswegen dies so vehement abgestritten wurde und wie es letztendlich doch zum Durchbruch kam.

Um eine Basis zu schaffen, auf der sich geschichtliche wie auch symbolische Entwicklungen und Entdeckungen erkennen und begründen lassen, befasst sich das erste Kapitel mit den Fortpflanzungsmechanismen der Pflanzenwelt. Ich war von den detailreichen und höchst informativen Texten schwer beeindruckt, da es der Autorin gelingt viel Wissen, gut verständlich auf wenige Seiten zu bringen. Gestützt wurden die Ausführungen zudem durch zahlreiche Fotografien, Zeichnungen und ähnlichem. So erhält man bereits einen tieferen Einblick in das Liebesleben der Pflanzen – das Erklärte leuchtet ein und wird mithilfe etlicher Fachtermini, auf die man im weiteren Verlauf des Buches größtenteils regelmäßig wieder trifft, untermauert und abgerundet. Dabei sind die Erklärungen auch für absolute Laien geeignet, da vom Grundlegenden ausgegangen wird, sodass ein jeder sein Wissen zu erweitern vermag.
Sehr interessant ist es zudem, wie viele unterschiedliche Techniken sich als vorteilhaft erwiesen haben und welche Vor- und Nachteile sie bergen.
Auf diesen Ausführungen aufbauend wird sich den verschiedenen Schritten hin zum aktuellen Stand der Wissenschaft gewidmet. Begonnen mit der Antike, in welcher die sexuelle Fortpflanzung in der Flora undenkbar war, über die Symbolik der Pflanzen im Mittelalter, das Erwachen der Botanik in der Neuzeit bis hin zur Gegenwart, in welcher die Geheimnisse der Bestäubung enthüllt werden. Dieser chronologische Überblick ermöglicht ein gutes Verständnis und Bewusstmachen der immensen Entwicklung, welche im Verständnis der Menschen stattgefunden hat.
Sehr ansprechend ist, dass die Autorin nicht nur auf wissenschaftliche Schriften und Debatten eingeht, sondern unter anderem auch die Widerstände der Kirche, den Symbolgehalt der Pflanzen, Mythen, Romane, Gedichte, das jeweilige Zeitgeschehen, beziehungsweise neue Errungenschaften oder gesellschaftliche Vorbehalte eingeht. Betrachtet man beispielsweise die weiße Lilie, welche in Zusammenhang mit Maria auftaucht und die Reinheit und Jungfräulichkeit symbolisiert, die sich nun doch sexuell fortpflanzt, hat dies fatale Folgen für die Kirche… Wenn der Vergleich der Jungfräulichkeit in Bezug auf die Blume hinkt, ist dann nicht auch die von Maria anzuzweifeln…?
Da Fleur Gaugey auf zahlreiche unterschiedliche Quellen zurückgreift und so aus Gedichten, Romanen oder wissenschaftlichen Abhandlungen zitiert, bleibt das Buch stets abwechslungsreich. Auch, dass sich der Blickwinkel immer wieder verändert, lässt die Neugierde beim Lesen nicht abflauen.
Besonders ansprechend sind die zahlreichen Farbfotografien, Bilder, Darstellungen, Skizzen oder Gemälde. Dieses Werk ist außerordentlich schön illustriert.
Am Ende des Buches wagt die freie Journalistin mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt einen Blick über den eigenen Tellerrand, denn auch die Sicht auf die Entwicklung der Botanik in der arabischen Welt und der islamischen Kultur sowie in Indien und dem alten China ist vielversprechend spannend und lohnenswert, da sie das umfassende Bild perfekt komplettiert.

5/5 Sternen

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📖 Rezension zu: „Die Heilkraft des Räucherns – Mit heimischen Blüten, Kräutern und Harzen“ von Friedrich Kaindlstorfer

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Ganz wunderbar!

Schon seit Jahrhunderten begleiten uns Räucherrituale: Ob bei Los- oder Feiertagen wie Maria Lichtmess, Ostern, zur Sommer- und Wintersonnenwende, Allerheiligen oder in den Raunächten oder aber auch bei Geburten, Hochzeiten, Todesfällen oder Krankheit. In diesem Buch beschreibt Friedrich Kaindlstorfer welche Wirkung verscheidene Blüten, Kräuter und Harze auf Raum, Körper, Geist und Seele haben.
Das Buch beginnt mit einer „Zeitreise durch die Räuchergeschichte mit dem Schwerpunkt Europa“, welche sehr verständlich zeigt, dass die Geschichte des Räucherns bereits so alt ist, wie die Nutzung des Feuers selbst. Zunächst mündlich, dann schriftlich gaben verschiedene Kulturen ihr Wissen auf der ganzen Welt weiter. Einst um den Duft in den Behausungen zu verbessern, Nahrungsmittel und Jagdbäute haltbarer zu machen, verbreiteten sich nebenher Räucherrituale zu medizinischen, religiösen, magischen und Weissagungszwecken. Die vielen Informationen waren sehr spannend zu lesen.
Im Anschluss daran wird die große und meist unterschätzte Bedeutung unserer Nase und unseres Geruchsinnes beleuchtet, denn auf diesen Feststellungen basierend lässt sich die Wirkung von Aromen und Duftstoffen besser verstehen. Es ist schon erstaunlich, wie viel über den Geruch entschieden wird – ob uns etwas schmeckt, ob wir jemanden mögen oder welche Bilder in unserem Kopf entstehen. Viele Fakten zum „stummen Sinn“ werden geliefert und sehr ansprechend präsentiert.
Es folgt das Kapitel „Aus der Räucherpraxis“, in dem auf Räucherkerzen, Weihrauchbrenner, Räucherbuschen, Räucherkohle und Zunder als Kohlenersatz eingegangen wird. Was es zum Räuchern braucht, welche Bedeutung bestimmte Materialien haben, in welcher Reihenfolge man was beachten sollte und welche der vorgestellten Methoden für einen selber am besten geeignet ist, erfährt man hier.
In „Räuchern für alle Fälle – Gesegnet und beschützt durch das Jahr“ werden die Jahreskreisfeste vorgestellt und die zu den jeweiligen Ereignissen besonders gut passenden Räucherwerke vorgestellt, sodass man sich auf besondere Anlässe einstimmen und vorbereiten kann. Verschiedene Räuchermischungen, zum Beispiel um den Frühling lustvoll zu genießen oder mückenfrei durch den Sommer zu kommen, werden mit ihrem Ritual erklärt. Ebenso wird auf das „rauka gehen“, die Haus- und Hofräucherung, und Heilräucherungen eingegangen. Die ausführlichen Beschreibungen und Anleitungen sind auch als absoluter Anfänger sehr gut verständlich und lassen sich bestens umsetzen. Von Hauterkrankungen über Kopfschmerzen und Menstruationsbeschwerden bis hin zu Wirbelsäuren- oder Ohrenbeschwerden und müden Augen ist hier eine sehr reiche Palette vertreten. Aber auch die Wirkung von Räucherwerken auf die Seele wird beschrieben und Anleitungen zum Räuchern für Loslassen und Ähnliches gegeben.
Als nächstes wird darüber hinaus auf das Räuchern für Haustiere wie Hunde, Katzen oder Pferde sowie für Nutztiere wie Schafe, Ziegen, Rinder oder Geflügel eingegangen.
Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit der Traditionellen Europäischen Medizin, denn auch für jeden Archetyp wird das passende Räucherwerk gefunden.

Besonders spannend war für mich das Kapitel „Räuchern mit ausgewählten heimischen Kräutern“, da hier 20 Pflanzen ausgewählt und genau beschrieben werden. Diese „Steckbriefe“ umfassen Ausführungen zu Duft, Qualität, Organzuordnung, Säftebezug, Wirkung, Ernte und Räucherwerk, Volksheilkunde sowie Räuchertradition und Pflanzenmotto. Auch für kleine Gedichte, Zitate oder Fotografien ist hier Platz. So kann man sich einen guten Überblick verschaffen und außerdem mit dem eigenen Zusammenstellen von Räuchermischungen beginnen.
Dieses Buch von 128 Seiten erklärt das Räuchern sehr genau, vielseitig und verständlich. Auch Dank der vielen Abbildungen, Schemata und Fotografien lässt sich das Gelesene besser verinnerlichen. Darüber hinaus werden sehr viele Aspekte besprochen und Hilfestellungen gegeben. Sehr zu empfehlen als Nachschlagewerk – sowohl für Einsteiger als auch Erfahrenere.

Von mir gibt es 5/5 Sternen

5-Sterne

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📖 Rezension zu: „Superfood: Natürlich. Heimisch. Saisonal“ von Barbara A. Schmid und Aaron Waltl

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Kommt ohne mit Soja-Omega-3-Fettsäuren angereicherter Steviacreme aus!

Es wird gehypt und befindet sich daher in aller Munde: Superfood. Bei diesem Begriff fallen einem direkt Goji-Beeren, Chiasamen oder Açaí ein; jedoch sind diese Nahrungsmittel mit glamourösem Image alles andere alltäglich. Dies mag auch daran liegen, dass sie weit entfernt gedeihen und hier nur zu hohen Preisen als Importware zu erwerben sind, wobei hier der ökologische Fußabruck nach langer Reise am besten gar nicht erst betrachtet wird.
Dass es aber hierzulande ebenfalls „Super-Lebensmittel“ gibt, die nicht nur gesundheitsfördernd und geschmackvoll, sondern auch leicht zuzubereiten sein sollen, wird in diesem Buch gezeigt. Allerdings wird sich schon direkt zu Beginn kritisch mit den allgemein bekannten Glamour-Produkten der Superlative auseinandergestezt. Wann wird Food zu Superfood? Kann ein Lebensmittel uns zu besseren und gesünderen Menschen machen? Auch werden die Assoziationen bei Superfood („gesund, fettarm, pflanzlich, exotisch, vegan, Tier- und Umweltschutz, teuer“) und denen bei Junkfood („ungesund, fett- und zuckerreich, Massentierhaltung, Fastfood, billig“) gegenübergestellt (S.7). Auf die Modeprodukte wird in diesem Buch allerdings konsequent verzichtet; stattdessen werden ausschließlich heimische, regionale, saisonale und unverarbeitete Lebensmittel aller Nahrungsmittelgruppen – Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst, Samen und Öle, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Ei – verwendet, die aufgrund ihrer Nährstoffwerte in ihrer gesamten Zusammensetzung gesundheitsfördernd sein sollen. Da die Rezepte in verschiedene Untergruppen gegliedert sind, können alle, die sich vegan, vegetarisch oder kohlenhydratreduziert problemlos passende Rezepte raussuchen.
Bei den Rezepten wird außerdem darauf geachtet, nicht aus „einer Mousse au Chocolat eine mit Soja-Omega-3-Fettsäuren angereicherte Steviacreme zu machen“ (S.10), weswegen Süßspeisen nicht Thema dieses Buches sind; stattdessen wird der Fokus auf die pikante und natürliche Küche gelegt.
Nach der Einführung werden in den Rezept verwendete Lebensmittel, in die Kategorien „Pflanzliche Lebensmittel“, „Tierische Lebensmittel“ und „Heimische Alternativen zu exotischer Importware“ unterteilt, vorgestellt. Gerade die heimischen Superfoods haben mich neugierig gemacht und konnten mich überzeugen.
Es folgen verschiedene spannende Informationen zu Nährstoffkriterien, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen, der Wirkung von Ballaststoffen des Vollkorngetreides auf den Blutzucker- sowie Insolinspiegel und vielem mehr. Sehr hat mir zudem gefallen, dass die Kriterien nach dem die Zutaten ausgewählt und kombiniert wurden, offengelegt und erklärt werden, sodass man die Zusammenhänge verstehen und auch selber experimentieren kann. Ebenso konnte mich das Unterkapitel „“Superfood“ im Wandel der Zeit“ packen, da hier eine verständliche Übersicht gegeben wird.
Aber auch die Vorzüge regionaler Produkte und mögliche Lösungsansätze um Regionalität zu fördern, werden erklärt.
Danach beginnt der Rezeptteil des Buches mit dem Kapitel „Smoothies, Frühstück & Zwischendurch“ (S.34). Des Weiteren werden „Suppen“ (S.50), „Salate“ (S.60), „Vegane Gerichte“ (S.100), „Vegetarische Gerichte“ (S.114), „Hauptspeisen mit Fleisch oder Fisch“ (S.126), „Hauptspeisen mit Fleisch oder Fisch, LOWcarb“ (S.146) sowie „Super-Plus-Wirkungsweise für besondere Ernährungsanforderungen“ (S.168) behandelt.
Bereits beim ersten Durchblättern bin ich auf einige sehr ansprechende Rezepte wie die „Hirse-Karotten-Laibchen“ (S.110) gestoßen. Wirklich gelungen ist, dass die Rezepte für verschiedene Ernährungsformen geeignet sind, weswegen sich sicherlich für jeden das richtige Gericht finden lässt.
Äußerst ansprechend ist zudem die Gestaltung des Werkes: Zum Einen sind die Unterteilungen, wie zu Beginn bereits angesprochen, sehr hilfreich, zum Anderen schaffen auch die Rezepte an sich durch eine gute Strukturierung Übersicht. Auf einen Blick erfasst man nicht nur den Namen des Rezeptes, sondern auch, was das Gericht so besonders macht, welche Inhaltsstoffe welche Wirkung erzielen und wie es um die Nährstoffe bestellt ist. Darüber hinaus sind die Arbneitsschritte sehr gut verständlich und nachvollziehbar beschrieben, sodass man problemlos mit dem Nachkochen beginnen kann. Die Farbfotografien der Gerichte sind ebenfalls sehr ansprechend.

In meinen Augen ist dieses Buch eine Bereicherung für alle, die es natürlich, heimisch und saisonal mögen; jedoch auf nähstoffreiche Nahrung nicht verzichten möchten. Die mit den vorgestellten „Super-Lebensmitteln“ zubereiteten Gerichte machen Lust auf mehr und die Gestaltung des Buches ist sehr ansprechend. Zudem gefällt es mir ausgesprochen, dass die Autoren sich kritisch mit Superfoods auseinandersetzten und Überlegungen anstellen, wie man Regionalität fördern kann. Allerdings sind viele der Rezepte auch nichts überragend aufregendes. In meinen Augen ein rundes Buch, das 4 „Super-Sterne“ verdient.

4-Sterne

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📖 Rezension zu: „Easy. Überraschend. Low Carb.“ von Bettina Matthaei

Cover für Easy. Überraschend. Low Carb.

Mir zu exotisch-exquisit…

In diesem Werk von Bettina Matthaei soll die Low Carb High Fat-Ernährung, kurz LCHF, dank abwechslungsreicher und leckerer glutenfreier Rezepte näher gebracht und von der Diätwirkung überzeugt werden. Wegen Letzterem finden sich zu jedem Rezept Nährwertangaben, die im Vorwort erklärt und in Bezug auf den Kalorienverbrauch gesetzt werden. Zusätzlich zu den Erklärungen hat der Leser noch die Möglichkeit, alle Rezepte mithilfe des Mengenrechners vom Verlag für den persönlichen Kalorienbedarf und die Personenzahl anzupassen. Darüber hinaus kann man dort alle Einkaufslisten anpassen und sich aufs Smartphone schicken lassen oder sie ausdrucken.
Auf den ersten 13 Seiten findet sich eine kurze Einführung, die Themen wie den Kalorienbedarf umfasst. Im ersten Kapitel finden sich „Aufstriche und Brote“, wobei hier zunächst auf das Brotbacken an sich eingegangen wird. Die Palette verschiedener Brote ist recht groß, wobei die meisten Brotrezepte eins gemein haben: Exotische Zutaten. Wenn ich andauernd von frisch gemahlenen Gold-Leinsamen, gemahlenen Flohsamenschalen, fein gemahlener LC-Sojakleie, geschälten Hanfsamen, Chiasamen und Ähnlichem lese, befremdet mich das durchaus.
Außerdem überrascht, wie viele besondere LC-Produkte verwendet werden: Von LC-Sojakleie, LC-Mandelmehl, LC-Sojamehl über LC-Kokosmehl und LC-Kürbiskernmehl bis hin zu LC-Hanfmehl lässt sich hier eine wirklich eine große Vielfalt finden. Es ist nur einleuchtend, dass, wenn man viele LC-Produkte kauft und mischt, ein LC-Produkt entsteht. Allerdings habe ich die meisten benötigten Zutaten in der Form, trotz Leben in einer Großstadt, noch nie gesehen… Auf exotisch-exquisite Zutaten verzichte ich ehrlich gesagt gerne… Dass man eine derart große Menge an außergewöhnlichen Ingredienzen benötigt, um ein einfaches Brot aus diesem Werk nachzubacken, ist meines Erachtens schade…
Im nächsten Kapitel wird sich dem „Fleisch“ gewidmet, wobei hier die Beilagen immer getrennt behandelt werden, damit man nach Lust und Laune anders kombinieren und sich dennoch der Nährwerttabellen bedienen kann. Es finden sich einige abwechslungsreiche Rezepte, die zum Teil aufwendiger, zum Teil aber auch leichter nachzumachen sind.
Im Kapitel „Fisch“ sollen sowohl leichte als auch frische Rezepte vorgestellt werden. Gerichte wie „Lachs mit Haselnusskruste und Lauchgemüse“ (S.96) oder „Seelachs in Kräuter-Tomaten-Mascarpone-Sauce mit Blumenkohl-Chia-„Polenta““ (S.103) sind recht ansprechend, schrecken aber, wie in den anderen Kapiteln im Übrigen auch, durch sehr viele, zum Teil wiederum beinahe homöopatisch verwendete, exotische Zutaten ab.
Das nächste Kapitel, „Vegetarisch“, wird eingeführt mit den Zeilen: „Auch wenn es sich in diesem Kapitel ausschließlich um vegetarische Rezepte handelt, wollten wir auf unser Veggie-Symbol nicht verzichten, frei nach dem Motto „Sicher ist sicher“. Manchmal schlägt man nämlich ein Buch mittendrin auf und bleibt gleich bei seinem Lieblingsgericht hängen oder man kopiert eine Seite, bevor es in die Küche geht“ (S.118,f.). Auf solche Art und Weise wird ein jedes Kapitel eingeleitet.
In „Schnelle Gerichte“ werden Rezepte wie „Eier im Hackfleischmantel“ (S.152), „Bohnen-Avocado-Salat“ (S.155) oder „Überbackenes Brot“ (S.172) vorgestellt, die sich überwiegend in einer halben Stunde zubereiten lassen sollen.
Es folgen „Frühstücksideen und Desserts“, nicht ganz so viele, aber immerhin.

Die Gestaltung des Buches ist ansprechend, da auf Übersichtlichkeit geachtet wurde. Auf einen Blick erhält man alle für das Nachmachen relevanten Informationen und kann loslegen – sofern man nicht noch nach Zutaten suchen muss…
Denn hier liegt auch mein größter Kritikpunkt: Die Zutatenlisten sind meist überwältigend und recht ausgefallen. Mir verging deswegen bei vielen Gerichten die Lust aufs Nachmachen…
Ich vergebe für dieses schön gestaltete Buch, mit den nicht ganz so erfreulichen Zutatenlisten und den dafür recht ansprechenden, sehr abwechslungsreichen Rezepten 3 von 5 Sternen!

3-Sterne

📖 Rezension zu: „Schneeschippen in Kanada – In 15 Jobs bis zum Ende der Welt“ von Alexander Langer

Schneeschippen in Kanada

Echt schräg und unterhaltsam!

Als Jugendlicher, der hauptsächlich sein Skateboard im Sinn und schon das ein oder andere Mal Unfug gemacht hat, ist es an diesem kalten Tag in Kanada nicht gerade das beste Zeichen, dass seine Mutter unbedingt mit ihm reden muss. Allerdings will Alexander Langer partout nicht einfallen, was er dieses Mal angestellt haben soll. Als seine Mutter das Gespräche mit der Feststellung eröffnet, dass es um ihre Finanzen nicht gerade rosig bestellt ist, zermatert ihr Sohn sich sein Hirn, was er wohl derart demoliert haben könnte, dass es nun neu angeschafft werden müsse. Aber dieses Mal scheint es um nichts dergleichen zu gehen; stattdessen stellt seine Mutter in den Raum, er könne doch ein bisschen arbeiten gehen. Vor seinem innreren Auge schon im Geld badend, sagt Alex bereits begeistert zu – dass ihm praktisch schon ein Job besorgt worden ist, ist umso besser. Bis er erfährt, dass er als Kindermädchen bei den Delachaux’s anfangen soll. Denn eine solche Arbeit klingt so gar nicht nach wenig Arbeit mit viel Gewinn. Dementsprechend kurz hält er es auch nur bei diesem Arbeitsplatz aus. Doch dann stellt er fest, dass er dringend einen Job braucht, da er das Rascheln von frisch verdienten Dollarscheinen vermisst.
Es folgen zahlreiche, teils sehr kuriose und auch dubiose Jobs, die er jedoch nach Kurzem wieder aufgibt. Dann macht er sich auf die Suche nach einer neuen Anstellung, einem neuen Abenteuer, denn es fängt immer wieder damit an, dass er mal wieder dringend einen neuen Job braucht – nach einer Weile auch in Deutschland, nachdem er dort zu Verwandten gezogen ist. Ob Schneeschipper in Kanada, Golfplatzwächter mit Gewehr, Jazz-Bassist ohne wirklich Ahnung vom Bass spielen zu haben (wobei das ja zu 80% eh nur die richtige Haltung ist), illegaler Taxifahrer oder Leitplankenmonteur ist nicht so wichtig, da die Erfahrungen und der Weg zählen. Auf der Suche nach kurzer harter Arbeit mit einigem Gehalt sieht er so einiges von der Welt. In seinem Buch stellt er 15 Job-Erlebnisse vor, die sich nur darin gleichen, dass die Arbeitsstellen nicht das gewünschte große Geld bringen und Alexander dementsprechend nicht lange locken können.

Es ist schon faszinierend, wie man mit echt verrückten Jobs um die Welt kommen und sich nach einer Weile eine Art Sucht nach solchen einstellen kann. Denn jedes Mal, wenn mal wieder das Geld fehlt und dringend ein neuer Job benötigt wird, kann man nur ins Staunen kommen, womit man sich – mehr schlecht als recht, aber immerhin – über Wasser halten kann. Man hat das Gefühl, Alexander Langer habe keine Möglichkeit ausgelassen, verrückte Arbeitsangebote anzunehmen oder ebenso verrückte Geschäftsmodelle zu entwerfen. Was er dabei erlebt und wem er alles begegnet ist schon amüsant – auch aufgrund des lockeren und selbstironischen Schreibstils.
Schön sind dabei auch die „Weisheiten“ seiner Kollegen, die, zum Teil „gerade erst raus“, mal mehr, mal weniger von dem Arbeiten angetan sind.
Alexander scheint ständig Neues ausprobieren zu wollen, wobei das Ergebnis, in Form eines (häufig nicht einmal existenten) Lohnes, doch sehr ernüchternd ist.
Aber, wie es sein Kollege Dustin auf den Punkt bringt: „Geduld ist die Kunst, nur langsam wütend zu werden.“ (S. 170)
Mich haben die kurzen Erzählungen sehr unterhalten können – so viel Improvisationsgeschick muss erst einmal jemand aufbringen… Es ist spannend, Alexander Langer bei seinen 15 Abenteuern, die mit kleinen Running Gags gespickt sind, zu begleiten.

Und wenn er seine letzte Festanstellung bei der Wirtschaftszeitschrift „Business Punk“ nicht gefunden hätte, probierte er noch immer verschiedene Jobs aus… Ich vergebe 5 auch ganz abenteuerlustige Sterne, die aufgeregt am Himmel funkeln.

5-Sterne

📖 Rezension zu: „Vegan for Fit – Gipfelstürmer“ von Attila Hildmann

Cover für Vegan for Fit – Gipfelstürmer

Hat einige Schwächen…

„Mit seinem revolutionären Ansatz wird Attila Hildmann die Diätbuchwelt wieder einmal verändern. In Zukunft werden Menschen, die abnehmen wollen, nicht mehr einfach alle die gleichen Portionsgrößen und Nährstoffmengen bekommen.“, so die ersten beiden Sätze des Klappentextes. So unglaublich visionär ist dieser Ansatz meines Erachtens zwar nicht, dennoch ist es eine nennenswerte Idee, das ein kostenloser Internetrechner, mithilfe von Angaben zu Körpergröße, Alter, Gewicht und Beruf, ein persönlich auf den Leser zugeschnittenes Bewegungsprofil sowie individuelle Bedarfsmengen errechnet und sogar automatisch Einkaufszettel erzeugt. Weiterlesen

📖 Rezension zu: „Das Scheitern Mitteleuropas 1918-1939″ von Walter Rauscher

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Äußerst informativ!

Der österreicherische Historiker Walter Rauscher, der bereits Biografien über Karl Renner und Reichspräsident Hindenburg sowie die Doppelbiografie „Hitler und Mussolini“ geschrieben hat, befasst sich in seinem neuen Werk mit der Zeit in Europa zwischen den beiden Weltkriegen. Denn in den 20er- und 30er- Jahern sorgen Weltwirtschaftskrise, linker und rechter Extremismus, Terror, Massenarbeitslosigkeit, Hyperinflation, Minderheitenfragen oder erbitterte Streitigkeiten um territoriale Grenzen für ein dramatisches Scheitern. Ebenso bereiten nationale Egoismen, ein wachsender Antisemitismus, das Misslingen von Staatenbund- und Zollunionsprojekten, die eine Entspannung der politischen und wirtschaftlichen Lage bringen sollten den Weg für faschistische Diktaturen wie unter Mussolini in Italien, autoritäre Regime wie in Ungarn, Jugoslawien, Polen, Rumänien und dem restlichen Osteuropa oder den Ständestaat in Österreich… Oder schließlich auch das Dritte Reich…
Das Europa der Zwischenkriegszeit wird als eines der Konfrontation, nicht der Kooperation dargestellt und viele Konfliktherde, oft durch den Pariser Frieden, die damit automatisch vorgenommene Unterteilung in Sieger und Verlierer sowie viele strittige Grenzentscheidungen verursacht, beleuchtet.
Dabei wird deutlich, dass die einzelnen Staaten immer wieder mit falschen (oder dem Unterlassen von) Handlungen die Lage noch verschlimmerten. Beim Lesen stellte sich mir häufig die Frage, ob man, wäre man ein wenig von den einzelstaatlichen Interessen, alten Feindbildern oder der Angst vor der Vormachtstellung eines Großstaates abgerückt, nicht so viel Leid hätte vermeiden können. Zahlreiche Möglichkeiten in diese Richtung hätten bestanden – allerdings wurden sie nicht wahrgenommen….
Sehr sachlich wird erläutert, wie der Boden für millionenfachen Tod, Vernichtung, Vertreibung und verheerende Zerstörung bereitet wurde, wobei das Zusammenwirken der Staaten Mitteleuropas – und nicht nur die Entscheidungen eines einzelnen Staates – betrachtet werden.
Gerade diese Betrachtungsweise hat mich neugierig gemacht, denn in der Regel beschränken sich die Bücher, die sich mit der Zeit zwischen 1918-1939 befassen, eher auf Deutschland. Aber natürlich gibt es wesentlich mehr Zusammenhänge, die man auf diese Art nicht verstünde. Ich war überrascht, wie viele für mich sehr neue Informationen dieses Werk daher umfasste.

Der verwendete Schreibstil ist extrem sachlich gehalten, sodass man bereits sehr bald merkt, dass beim Schreiben auf die wichtigen Aspekte der Fokus gesetzt wurde. Mir fiel es anfangs daher schwer, mich in das Buch hineinzulesen, denn entweder waren die Sätze extrem kurz oder äußerst lang gehalten.
Ein Beispiel möchte ich hierfür anführen: „Die lange Liste enthielt das Trentino und Südtirol, Triest, Istrien, Görz und Gradisca, den nördlichen und mittleren Teil Dalmatiens mit den vorgelagerten Inseln, den albanischen Hafen Valona mit dessen Hinterland, den Dodekanes, Libyen und bei einer Aufteilung des asiatischen Territoriums der Türkei das Gebiet von Antalya sowie Kompensationen in Afrika, sollten Großbritannien und Frankreich ihren Kolonialbesitz auf dem „Schwarzen Kontinent“ auf deutsche Kosten erweitern.“ (S.49)
Bei solchen Passagen kam ich zugegebener Maßen ins Schleudern und musste, nachdem ich sie mehrmals gelesen hatte, auch hin und wieder andernorts weitere Erklärungen suchen, da mir für die Lektüre zeitweise doch vorausgesetztes Wissen zu fehlen schien oder ich die Zusammenhänge gerne noch besser erklärt bekommen wollte, um eine bessere Vorstellung vom Gelesenen zu haben oder überhaupt den Abschnitten beim Lesen gerecht zu werden. Eindeutig ist dieses Werk nicht als Einstiegslektüre geeignet, sondern baut auf Vorwissen auf.
Es war sehr spannend, zu erfahren, wie sich die einzelnen Staaten beeinflussten und verhielten, da so einige Entscheidungen nachvollziehbarer wurden. Dabei werden innerhalb der Kapitel Unterteilungen in verschiedene Staaten vorgenommen und außen- und innenpolitische Maßnahmen und Haltungen einander gegenübergestellt.
Wirklich überraschend ist zudem, wie viel Informationen und Wissen auf vergleichsweise wenige Seiten gebracht worden sind, denn immerhin umfasst dieses Buch „lediglich“ 208 Seiten.
„Auch wenn Hitler sein Publikum bei einer Rede am 26. September im Berliner Sportpalast auf eine militärische Auseinandersetzung einschwor, zeigte sich bei anderen Gelegenheiten, dass die Mehrheit der Deutschen offensichtlich keinen Krieg wollte.“ (S.173) Die Entwicklungen werden auf schockierende Art und Weise aufgeführt, sodass man teilweise gar nicht fassen kann, wie viel in derart kurzer Zeit schief laufen kann.
Sehr erschreckend war es für mich zudem, wie viele Parallelen sich zur heutigen Zeit ziehen lassen…

Daher kann ich dieses Werk auch sehr empfehlen, denn, auch wenn es einiges an Wissen voraussetzt und der Schreibstil nicht so ganz zu packen vermag, zeigt „Das Scheitern Mitteleuropas 1918-1939“ von Walter Rauscher wichtige, aber eher weniger bekannte, Zusammenhänge auf. Gerade in Anbetracht der aktuellen Situation ist es sehr wichtig, das Geschehene nicht zu vergessen, sondern zu versuchen, es zu verstehen…

Ich vergebe 4/5 Sternen

4-Sterne

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📖 Rezension zu: „Slow – Family Sieben Zutaten für ein einfaches Leben mit Kindern“ von Julia Dibbern, Nicola Schmidt

„Lasst uns langsam, achtsam, echt sein!“ (S. 63)

Regelrecht überflutet wird man mit Erziehungsratgebern oder Tipps von selbsternannten Mustereltern, die einen in eine bestimmte Richtung drängen möchten. Du arbeitest nicht, sondern nimmst dir Zeit für dein Kind? Kein Wunder, dass das Kind immer träger wird – bei dem Vorbild. Du gehst arbeiten? Was für Rabeneltern, die sich nicht um ihr Kind kümmern. So wird das Leben mit Kindern, wie auch so viele andere (Lebens-)Bereiche immer schneller und komplizierter. Doch geht es bei Erziehung, bei dem Umgang mit seinen Kindern keinesfalls wie bei anderen ökonomischen Systemen um Effiziens, Zeitmanagement und Gewinnmaximierung.
Viel zu sehr gerät man, den heutigen Trends folgend, unter Druck. Zu Beginn des Buches wird dies mit dem Beispiel der am Morgen gestressten Mutter (beliebig auch durch einen Vater zu ersetzen), die, mit Taschen bepackt und dem Kind auf dem Arm, aus dem Haus stürmt, nur schwerlich abschließen kann, zum Auto hetzt, um noch irgendwie pünktlich zu kommen, als das Kind in diesem so stressigen moment bemerkt: „Mama, guck mal, ‚metterling!“ (S.9).
Schnell kommt die Frage auf, weswegen man sich nicht mehr die Zeit nimmt, um mit dem Kind eine Pusteblume zu bestaunen. Sich Zeit zu nehmen ist schließlich so wichtig. In diesem Buch zeigen die Begründerinnen der Artgerecht-Bewegung wie kleine Veränderungen das Familienleben entschleunigen und naturnah machen.

Das Buch ist in die Kapitel „Bullerbü für alle!“, „Apokalypse? Öh, jetzt?!“, „Die Familienbedürfnispyramide“, „Unser Nordstern: langsam, achtsam, echt“ sowie in den Rezeptteil bestehend aus den Kapiteln „Sieben Zutaten“, „Slow Village“, „Slow Nature“, „Slow Family Life“ und „Crazy Happy Planet“ unterteilt.
Im ersten Teil wird zunächst die aktuelle Situation beschrieben und die Fehlerquellen herausgefiltert. Darauf aufbauend wird gezeigt, was man in einer Familie stattdessen braucht und der Leser wird ermutigt, Alternativen auszuprobieren und sich nicht klein kriegen zu lassen.
Teilweise auch in Dialogform beschreiben Julia Dibbern und Nicola Schmidt wie sie verschiedene Ideen ausprobiert und letztendlich ihren Weg gefunden haben. So erfährt man von Erlebnissen – die man manchmal auch selber so oder so ähnlich bereits gemacht hat – oder von den Stützfeilern guten Zusammenlebens. Dabei wird gezeigt, wie viel Vertrauen schon bewirken kann, denn Angst „spüren die Kinder mit Sensoren, die feiner sind als die Sternsensoren des Hubble-Weltraumteleskops.“ (S.74) Warum also den Kindern nicht einmal eine Aufgabe wie Kräuter aus dem Garten zu holen betrauen? Auch das Treffen von Entscheidungen wird thematisiert, da gerade diese immer wieder für Unsicherheit führen. „Gute Entscheidungen erfüllen uns – nicht unsere Schränke.“ (S. 65) Von Bedeutung sei daher die Frage: „Was ist in 10 Jahren noch wichtig?“ (S.72)
In meinen Augen deutlich spannender war dennoch der zweite Teil, der gezielt Antworten gibt. Welche Zutaten sind von nöten, um das Familienleben zu stärken? Nicht nur Liebe, Achtsamkeit, Natur, Wissen und Gemeinschaft – nein, es gehören noch weitere Ingredienzien dazu. Darauf, wie man diese Komponenten Stück für Stück aus- und aufbauen kann, wird sehr verständlich eingegangen. Sehr hilfreich sind vor allem die „slow-down-faster-tipp“-Boxen, welche kleine Handlungsmöglichkeiten oder Übungen aufweisen und erklären. Des Weiteren sehr überzeugend sind in meinen Augen auch die mit „Heute mache ich mit dir…“ eingeleiteten Passagen, da sie Spiel-, Forsch-, Freizeitgestaltungsvorschläge oder Ähnliches beinhalten. An diesen erkennt man die Entschleunigung und die Betonung auf Nähe zur Natur sehr gut.
Das Buch ist sehr schön aufgebaut, besonders der „Rezeptteil“ konnte mich für sich gewinnen. Verständlich und abwechslungsreich geschrieben, stöbert und liest man gerne weiter. Unterschiedliche Farben, eingefügte Dialoge, Darstellungen wie Bedürfnispyramiden und Fotografien tragen zu der ansprechenden Gestaltung dieses Buches bei. Die Autorinnen beschränken sich nicht ausschließlich auf ihre eigenen Erfahrungen und Meinungen, sondern beziehen auch Theorien, Modelle oder Feststellungen anderer ein. So wird beispielsweise der „Effekt des bloßen Kontakts“ (Mere-exposure-effect) von dem Psychologen Robert Zajonc angeführt oder der Politikwissenschaftler und Zukunftsforscher John Naisbitt zitiert: „Wir ertrinken in Informationen, aber was Wissen angeht, sind wir ausgehungert.“
So erhält man ein stimmiges Gesamtbild, auch wenn einige der vorgestellten Erkenntnisse in meinen Augen auch selbstverständlich sind und ich sie für normal und keineswegs alternativ halte. Dies mag aber auch daran liegen, wie ich selber erzogen wurde…

In meinen Augen beinhaltet dieses Buch viele hilfreiche Anregungen, Tipps und Denkanstöße, weswegen sich die Lektüre lohnt.

Ich vergebe 4,5 Sterne

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📖 Rezension zu: „Die Menschheit schafft sich ab“ von Harald Lesch

Sehr umfassend!

In den letzten 2.000 Jahren, dem Menschenzeitalter oder auch „Anthropozän“, haben Menschen die Erde gravierend verändert. Immer mehr wird versucht, sie dem Menschen anzupassen; jedoch werden die Konsequenzen solchen Handels meist nicht hinterfragt. Von der Ausbeutung der Bodenschätze, Kernspaltung oder großflächigen Verwendung von Pestiziden über Wasser- und Luftverschmutzung, bis hin zum Klimawandel – die Menschheit trägt nicht gerade dazu bei, dass mit ihrem Lebensraum nachhaltig umgegangen wird. Deshalb wird ein Um- oder einfach Mitdenken immer notwendiger. Wenn wir einfach so weitermachen, das steht fest, sägen wir den Ast, auf dem wir sitzen, endgültig ab.
In „Die Menschheit schafft sich ab – Die Erde im Griff des Anthropozän“ befasst sich Harald Lesch auf 520 Seiten ausführlich mit der Frage, wie sich der Teufelskreis durchbrechen lässt. Um dieser Frage gerecht zu werden, wird Folgendes versucht:
„Also: Fangen wir ganz, ganz von vorn an … nein, besser nicht. Wir fangen anders an, nicht so, wie Sie es vielleicht erwarten (der Lesch fängt doch immer mit dem Urknall an). Nein, so wird es diesmal nicht sein.“ (S.16). Jedoch wird diese Aussage im nächsten Kapitel wieder relativiert, da dann doch „von ganz vorne“ begonnen wird.
Wie dem auch sei, Lesch geht sehr detailliert auf die Entstehung der Erde und ersten Lebens ein. Ich muss gestehen, dass ich mit derart genauen Ausführungen zu dieser Thematik nicht gerechnet hatte und sie sich, trotz ein paar Unterbrechungen, etwas in die Länge zogen.
Da das Buch aus derart vielen Kapiteln besteht, lässt sich auch schlecht beschreiben, auf welche Bereiche alles eingegangen wird. Generell lässt sich sagen, dass die Entstehung der Erde, die Entstehung von Leben, der Kontinentaldrift, Technik und Ökonomie als Grundgerüst der weiteren Ausführungen zu verstehen sind. Im weiteren Verlauf wird dann ungefähr ab Seite 227 unter anderem auf Globalisierung, Ressourcenverbrauch, ökologische Belastungsgrenzen, genmanipuliertes Saatgut und Pestizide, Wasserverbrauch, Wasserverschmutzung, Kunststoff, Energie, Rohstoffe, Klimawandel, künstliche Intelligenz und die Ethik des Anthropozän eingegangen. Auf Grund dieser breiten Fächerung ist dieses Werk sicherlich keine leichte Kost – man sollte sich für die Lektüre definitiv Zeit nehmen.

Zugegebenermaßen fiel mir der Einstieg in dieses Buch schwer, da ich das Gefühl hatte, dass Lesch nicht wirklich zum Thema kommt. Selbstverständlich ist es auch wichtig, etwas über die Erdentstehung oder verschiedene große Massenausterben zu erfahren, auch in Hinblick auf die Frage, wie man heute Nachhaltigkeit leben kann, jedoch waren mir die Ausführungen teilweise doch etwas zu ausführlich. Das kann aber auch daran liegen, dass ich mit falschen Erwartungen an dieses Buch gegangen bin, da ich eher mit einer Bestandsaufnahme aktueller Zustände, der Ableitung einiger Notwendigkeiten und Möglichkeiten, die Situation zu verbessern, gerechnet hatte.
Aber auch auf die heutigen Probleme wird eingegangen – wenn auch verhältnismäßig kürzer als von mir erwartet – und Lösungsmöglichkeiten werden aufgezeigt. Sehr gefallen hat mir, dass auch Politiker, Wissenschaftler und viele mehr zu Wort kommen; so berichtet Anton Hofreiter beispielsweise über Gensoja, Glyphosat und Großgrundbesitz oder Organisationen wie Greanpeace werden vorgestellt. Daher denke ich auch, dass in diesem Werk für alle Generationen etwas zu finden sein wird, das besonders spannend ist.
Die Gestaltung des Buches ist sehr ansprechend: Zahlreiche Fotografien, Tabellen, Graphen oder farbliche Untermalungen veranschaulichen das zuvor Beschriebene oder machen auf Interviews aufmerksam. Allerdings muss ich gestehen, dass mir persönlich einige Tabellen als Ersatz zu seitenlangen Ausführungen sogar gereicht hätten, da dort das Wissen wirklich kurz und bündig auf den Punkt gebracht wird. Lesch versucht unter anderem durch Witze wie
„Treffen sich zwei Planeten.
Der Eine: „Oh, du siehst aber schlecht aus.“
Der Andere: „Ich habe Menschen!“
Der Eine: „Das geht vorbei.““
oder Zitate die Texte aufzulockern.

Alles in allem ist „Die Menschheit schafft sich ab“ ein ganz besonders ausführliches Buch, in dem sehr viel Wissen vermittelt wird. Dabei wird auf viele verschiedene Aspekte eingegangen, wobei es teilweise seine Längen hat. Verständlich ist es geschrieben, sodass ich denke, dass für verschiedene Lesergruppen spannende Themen zu finden sind. Die Gestaltung des Buches ist sehr ansprechend und abwechslungsreich. Nach der Lektüre bleibt mir das Gefühl, dass bereits einiges schief gelaufen ist und es sehr schwierig wird, den Stand der Dinge zu verbessern.
Ich kann dieses Buch weiterempfehlen, da sich jeder Gedanken darüber machen sollte, was wir Menschen alles anrichten, wieso es so nicht weitergeht und welche Alternativen existieren.

Ich vergebe 4/5 Sternen

4-Sterne

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📖 Rezension zu: „NEIN“ von Anna Förster und Peter Kreuz

NEIN

Ganz nett…

In den ersten Kapiteln dieses Buches wird beschrieben, dass wir in der heutigen Zeit so viele Freiheiten wie noch nie haben, uns jedoch noch immer unfrei fühlen. Dieses Empfinden schleicht sich schon in den alltäglichsten Situationen ein, wenn wir beispielsweise keine Lust haben, Freunde zu treffen oder die Verantwortung für ein neues Projekt zu übernehmen. Denn obwohl wir so gerne unsere Freiheiten nutzen würden um einfach mal nein zu sagen, folgt stets ein „ja gut“. Auch wenn man nach seinem Befinden gefragt wird, antwortet man doch meistens nur mit einem „gut“ oder „muss ja“.
Im ersten Teil, „Warum Freiheit ein Ladenhüter ist“, wird darauf eingegangen, in wie weit sich unser Leben und auch der Grad unserer Freiheit von früher unterscheidet. Als Beispiel hierfür wird Marie Curie angeführt, die nicht bei jedem Hindernis klein bei gegeben hat, sondern für und um ihre Freiheiten hat kämpfen müssen.
Als Erklärungsansatz wird eine Erziehung zum Ja-Sager beschrieben, die deutlich macht, wie wenig in unserer Gesellschaft das Widersprechen gefördert wird. „Wer Zäune um Menschen baut, bekommt Schafe.“, so wird es hier beschrieben.
Im zweiten Teil finden sich die Kapitel „Die Sache mit der Wahlfreiheit“, „Ein großes Ja, viele Neins“ und „Eine Frage der Haltung“, welche sich mit der Problematik befassen, dass man, um sich selbstbestimmt für oder gegen etwas entscheiden zu können, immer eine Wahl getroffen werden muss, mit der man sich gleichzeitig gegen zahlreiche andere Möglichkeiten entscheidet.
Teil drei, „Warum wir eine Antwort brauchen“ ruft dazu auf, Entscheidungen zu treffen.

Dieses Buch bietet sicherlich einige Ansätze, von denen die meisten aber nicht wirklich neu sind. Beispielsweise ist der Tipp, Zeit statt Geld zu verwenden um Freiheit genießen zu können, keine bahnbrechende Erkenntnis. Wenn man sich bereits ein wenig mit solchen Ratgebern beschäftigt hat, wird man vieles wiedererkennen.
Interessant war in meinen Augen die Gegenüberstellung der Vergangenheit zur Gegenwart, bei der die später getroffene Aussage, man stünde mit einem Fuß in der alten, mit dem anderen jedoch in der neuen Zeit, sodass man immer kurz davor stünde zu leben, seine Erklärung fand.
Diese Darstellung von drei Ereignissen in Marie Curies Leben stellt in meinen Augen den Höhepunkt des Buches dar…
„Tiere verhalten sich, der Mensch aber ist in der Lage zu handeln“ (S.107), „Ich will, also bin ich.“ (S.196) oder ähnliche Weisheiten sind meines Erachtens schon zu genüge in Glückskeksen oder an Teebeuteln zu finden…
Sehr erschreckt hat mich, dass man im Schnitt ganze 223 Minuten pro Tag fernsieht (S.108), wobei ich froh bin, diesen Schnitt zu senken…
Die verschiedenen Ansätze sind verständlich erklärt und auch Beispiele werden gegeben; beispielsweise dient das Milgram-Experiment der Erklärung.
Die Gestaltung des Buches ist ansprechend, was das Lesen angenehmer macht. Einzelne Sätze werden hervorgehoben oder am Seitenrand noch einmal abgedruckt. Auch die Farbwahl ist gut getroffen.
Dieses Buch gibt auch Tipps, wie man selbstbestimmter und selbstsicherer wird, damit man seine Entscheidungen auch souverän treffen kann ohne sie später zu bereuen. Einer von ihnen ist das Schreiben einer Not-to-do-Liste, damit man sich bewusst wird, wie viel man eigentlich gegen seinen Willen mitmacht.

Alles in allem ist „Nein“ ein ganzes nettes Buch, welches auch den ein oder anderen hilfreich Ratschlag beinhaltet, generell wird man aber, sofern man sich ein bisschen mit der Thematik befasst hat, eher wenig neue Erkenntnisse gewinnen. Ich war überrascht als ich entdeckte, wie viele Ratgeber Förster und Kreuz bereits auf den Markt gebracht haben und wie groß ihre Leserschaft doch ist.
Mich konnte dieses Buch leider nicht überzeugen, da es jedoch viele begeisterte Leser hat, sollte man vielleicht selbst herausfinden, ob es einem zusagt.

2/5 Sternen

2-Sterne